Quantencomputer lernt fehlerfrei Rechnen

 

Kompletter Bausatz für fehlertolerantes Quantenrechnen im Labor demonstriert

Damit Quantencomputer für die Praxis taugen, müssen Fehler erkannt und korrigiert werden. Ein Team der RWTH Aachen und des Forschungszentrum Jülich hat in Zusammenarbeit mit Experimentalphysikern der Universität Innsbruck erstmals ein universelles Set von Rechenoperationen auf fehlertoleranten Quantenbits umgesetzt und damit gezeigt, wie ein Algorithmus auf einem Quantencomputer programmiert werden kann, damit Fehler das Ergebnis nicht verfälschen.

Die hohe Präzision moderner Computer hat das Auftreten von Fehlern während der Verarbeitung und Speicherung von Daten zu einer Seltenheit werden lassen. Für kritische Anwendungen, bei welchen schon einzelne Fehler schwerwiegende Folgen haben können, werden jedoch immer noch Fehlerkorrekturmechanismen, die auf Redundanz der verarbeiteten Daten basieren, eingesetzt. Quantencomputer sind deutlich anfälliger für Störungen und werden damit wohl immer auf Fehlerkorrekturmechanismen angewiesen sein, weil Fehler sich sonst unkontrolliert im System ausbreiten und Information verloren geht.

Da die Quantenphysik es verbietet, Quanteninformation zu kopieren, muss ein logisches Quantenbit auf einen verschränkten Zustand mehrerer physikalischer Systeme, zum Beispiel einzelner Atome, verteilt werden, um die notwendige Redundanz zu erreichen. Dem Team um Markus Müller von der RWTH Aachen und dem Forschungszentrum Jülich und Thomas Monz vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck in Österreich ist es nun erstmals gelungen, ein universelles Set von Rechenoperationen auf zwei logischen Quantenbits zu realisieren.

„Aus diesen Operationen können beliebige Quantenalgorithmen aufgebaut werden – erst hierdurch wird ein Quantencomputer frei programmierbar und für verschiedenste praktische Problemstellungen nutzbar“, erläutert Theoretiker Manuel Rispler.

 

Fundamentale Rechenoperation realisiert

Die Wissenschaftler haben diesen universellen Gattersatz auf einem Ionenfallen-Quantencomputer mit 16 gefangenen Atomen umgesetzt. Die Quanteninformation wurde dabei in zwei logischen Quantenbits gespeichert, die auf jeweils sieben Atomen verteilt waren. Nun ist es erstmals gelungen, auf diesen fehlertoleranten Quantenbits zwei Rechengatter zu realisieren, die für einen universellen Gattersatz notwendig sind: eine Rechenoperation auf zwei Quantenbits (ein CNOT-Gatter) und ein logisches T-Gatter, welches auf fehlertoleranten Quantenbits besonders schwierig zu implementieren ist. Demonstriert haben die Physiker das T-Gatter, indem sie einen speziellen Zustand in einem logischen Quantenbit präpariert und diesen über eine verschränkte Gatteroperation auf ein weiteres Quantenbit teleportiert haben.

T-Gatter sind sehr fundamentale Operationen. Sie sind besonders interessant, weil Quantenalgorithmen ohne T-Gatter auf klassischen Computern relativ einfach simuliert werden können. Bei Algorithmen mit T-Gatter ist das nicht mehr möglich.

Professor Dr. Markus Müller

Leiter der Arbeitsgruppe "Theoretical Quantum Technology Group", Institut für Quanteninformation an der RWTH Aachen / Peter-Grünberg Institut am Forschungszentrum Jülich

Aufwand steigt, aber Genauigkeit auch

In logischen Quantenbits ist die gespeicherte Quanteninformation vor Fehlern geschützt. Doch diese ist ohne Rechenoperationen nutzlos und die Operationen sind selbst fehleranfällig. Die Physiker haben Operationen auf den logischen Quantenbits so implementiert, dass auch Fehler, welche durch die zugrundeliegenden physikalischen Operationen verursacht werden, erkannt und korrigiert werden können. So haben sie die erste fehlertolerante Implementierung eines universellen Gattersatzes auf logischen Quantenbits umgesetzt.

„Die fehlertolerante Implementierung benötigt mehr physikalische Operationen. Diese Operationen führen zwar zu zusätzlichen Fehlern auf den einzelnen gefangenen Atomen, dennoch ist die Qualität der logischen Quantenoperationen besser als die nicht-fehlertoleranter Implementierungen“, freut sich Experimentalphysiker Thomas Monz. „Aufwand und Komplexität steigen, aber das Ergebnis ist besser.“

Ihre experimentellen Ergebnisse haben die Forscher auch mittels numerischer Simulationen auf klassischen Rechnern überprüft und bestätigt.

Die Vorhersagen unserer theoretischen Modelle stimmen gut mit den von unseren Kollegen in Innsbruck gemessenen Ergebnissen überein.

Sascha Heußen

Doktorand in der Arbeitsgruppe "Theoretical Quantum Technology Group" und Ko-Autor der Studie, Institut für Quanteninformation an der RWTH Aachen / Peter-Grünberg Institut am Forschungszentrum Jülich

 

Die Physiker verfügen nun über alle Bausteine für fehlertolerantes Rechnen auf einem Quantencomputer. Jetzt geht es darum, diese Methoden auf größeren und damit für die Praxis interessanten Quantenrechnern umzusetzen. Die in Innsbruck auf einem Ionenfallen-Quantencomputer gezeigten Verfahren können auch auf anderen Architekturen für Quantencomputer eingesetzt werden.

Finanziell unterstützt wurden die Forschungen unter anderem von der Europäischen Union im Rahmen der Quanten-Flagship-Initiative sowie durch den durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Exzellenzcluster Materie und Licht für Quanteninformation (ML4Q).

Künstlerische Darstellung der Manipulation von logischen Quantenbits, welche durch Quantenfehlerkorrektur vor Fehlern geschützt sind. Bild: Johannes Knünz

 

Kontakt:
Professor Dr. Markus Müller
Institut für Quanteninformation an der RWTH Aachen
+49 241 80 28412
m.mueller@physik.rwth-aachen.de
www.rwth-aachen.de/mueller-group

Publikation:
Demonstration of fault-tolerant universal quantum gate operations
Lukas Postler, Sascha Heußen, Ivan Pogorelov, Manuel Rispler, Thomas Feldker, Michael Meth, Christian D. Marciniak, Roman Stricker, Martin Ringbauer, Rainer Blatt, Philipp Schindler, Markus Müller, and Thomas Monz. Nature 2022
doi: 10.1038/s41586-022-04721-1 https://www.nature.com/articles/s41586-022-04721-1

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