25 deutsche Forschungseinrichtungen und Unternehmen arbeiten im Verbundprojekt QSolid an einem fehlerverbesserten Quantencomputer.
Ziel ist der Aufbau eines umfassendes Ökosystems, das in die Supercomputing-Umgebung des Forschungszentrums Jülich eingebettet und externen Nutzern zugänglich gemacht werden soll.
Angestrebt wird eine international führende Rolle Deutschlands in der Quantentechnologie, um Unabhängigkeit zu wahren und zahlreiche neue wissenschaftliche und industrielle Anwendungsfälle zu schaffen.
Der Bau eines kompletten Quantenrechners basierend auf Spitzentechnologie aus Deutschland, das ist das Ziel des Verbundprojekts QSolid, das jetzt startete und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 76,3 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahren gefördert wird. Der Fokus liegt dabei auf Quantenbits, kurz Qubits, sehr hoher Qualität, die eine geringe Fehlerrate aufweisen. Der Quantencomputer soll bereits frühzeitig in die Supercomputer-Infrastruktur am Forschungszentrum Jülich eingebunden werden und über mehrere supraleitende Quantenprozessoren der nächsten Generation verfügen, darunter ein „Moonshot“-System, das klassischen Computern hinsichtlich der Rechenleistung nachweislich überlegen ist. Ein erster Demonstrator soll ab Mitte 2024 in Betrieb gehen und Tests von Anwendungen sowie Benchmarks für Industriestandards ermöglichen.
Quantencomputer versprechen Durchbrüche im Bereich der Material- und Wirkstoffentwicklung oder bei der Optimierung der Verkehrssteuerung. Zukünftig könnten sie herkömmlichen Superrechnern bei bestimmten Aufgaben weit überlegen sein. Die Technologie steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. Die Entwicklung eines praktisch nutzbaren Quantencomputers ist mit enormen Herausforderungen verbunden, bietet aber auch die Chance, frühzeitig industrielle Standards zu setzen und geistige Eigentumsreche zu sichern.
Industrielle Anwendungen im Blick
Um die Kommerzialisierung vorzubereiten, haben sich 25 führende deutsche Unternehmen und Forschungseinrichtungen im Verbundprojekt QSolid zusammengeschlossen. Das Forschungskonsortium ist das größte dieser Art in Deutschland und wird vom Forschungszentrum Jülich koordiniert. Gemeinsam wollen die Partner ein umfassendes Ökosystem für einen Demonstrator auf Basis supraleitender Qubits entwickeln, der über die Jülicher Quantencomputer-Infrastruktur JUNIQ externen Nutzern zugänglich gemacht und auf deren Bedürfnisse zugeschnitten werden soll.
Quantencomputer mit vielfältigen Prozessoren
Vorgesehen ist ein System, das verschiedene Quantenprozessoren enthält, die auf supraleitenden Schaltkreisen der nächsten Generation mit reduzierter Fehlerrate beruhen. Der Ansatz gilt als weltweit führend und wird unter anderem auch von Google, IBM und Intel verfolgt. Die Multiprozessor-Maschine am Forschungszentrum Jülich soll mindestens drei unterschiedliche Quantenchips parallel betreiben: ein „Moonshot-System“, dessen Rechenleistung die klassischer Superrechner übertrifft, ein anwendungsspezifisch designtes System, das bereits für industriell nützliche Quantenberechnungen geeignet ist, sowie eine Benchmarking-Plattform, die vorrangig auf die Entwicklung digitaler Zwillinge und industrieller Standards ausgerichtet ist.
Konzentration auf Qubit-Qualität
„Der Fokus liegt auf der Verbesserung der Qualität der Quantenbits, die wir in QSolid auf allen Ebenen vorantreiben“, erklärt Projektkoordinator und ML4Q-Mitglied Prof. Frank Wilhelm-Mauch vom Forschungszentrum Jülich. Die Fehleranfälligkeit der Quantenbits, kurz Qubits, gilt als Knackpunkt bei der Quantencomputer-Entwicklung. Die Quantenzustände, die zur Speicherung der Quanteninformation genutzt werden, reagieren äußerst empfindlich auf äußere Einflüsse. Oftmals werden sie gestört, bevor alle Rechenoperationen abgeschlossen sind.
„Die Optimierungen, die uns vorschweben, fangen bei besonders fehlerarmen supraleitenden Schaltungen der nächsten Generation an, die wir unter anderem durch hochpräzise Fertigungsmethoden und neue Materialsysteme erreichen wollen. Entscheidend sind aber auch die optimale Kontrolle der Quantenbits sowie hochmoderne Fehlervermeidungsverfahren mittels künstlicher Intelligenz (KI) auf Firmware-Level, wo wir mit QSolid neue Maßstäbe setzen wollen“, erläutert Frank Wilhelm-Mauch.
Netzwerk an Forschungseinrichtungen
Um das große Ziel eines eigenständigen Quantencomputers aus deutscher Herstellung zu erreichen, führt QSolid Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Startups aus Deutschland zusammen. 7 Institutsbereiche des Jülicher Peter Grünberg Instituts bringen ihre Expertise in das Projekt ein, neben dem Jülich Supercomputing Centre (JSC) sowie dem Zentralinstitut für Engineering, Elektronik und Analytik (ZEA-2) und der Ausgründung Qruise des Forschungszentrums Jülich, die ebenfalls wichtige Aufgaben übernehmen. Wertvolles Fachwissen steuern weitere Forschungspartner bei, zu denen die Fraunhofer-Institute IPMS und ASSID IZM, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Leibniz-IHPT in Jena, die Physikalisch-Technische Bundesanstalt, das CiS Forschungsinstitut für Mikrosensorik sowie die Universitäten in Ulm, Stuttgart, Berlin (FU Berlin), Konstanz, Köln und Düsseldorf gehören.
Aufbau einer nationalen Lieferkette
Zahlreiche Hersteller und Startups beteiligen sich am Aufbau einer nationalen Entwicklungs- und Lieferkette. ParityQC, HQS, Rosenberger HF-Technik, IQM, supracon, ParTec, Racyics, AdMOS, LPKF Laser & Electronics, Atotech, Atos science+computing ag, Globalfoundries und Zurich Instruments Germany sind als Projektpartner involviert und erhalten so schon früh die Möglichkeit, erste industrielle Standards zu setzen und Nutzungspotenziale zu erschließen.
Quanten-Infrastruktur am Forschungszentrum Jülich
Beim Aufbau der supraleitenden Quantenarchitektur profitiert QSolid unter anderem von der Erfahrung von Prof. Rami Barends, der im Herbst letzten Jahres aus dem Forschungsteam von Google ans Forschungszentrum Jülich gewechselt ist. Die Fertigung der Quantenprozessoren der nächsten Generation wird zu großen Teilen in der Helmholtz Nano Facility am Forschungszentrum Jülich erfolgen. Der 1.000 Quadratmeter große Reinraumkomplex der Helmholtz-Gemeinschaft ist mit hochmodernen Anlagen für die Herstellung und Charakterisierung von Quantenbauelementen ausgestattet; bis 2025 wird dieser noch ergänzt werden durch das Helmholtz-Quantum Center (HQC), eine Laborinfrastruktur, die speziell für das Quantencomputing ausgelegt ist.
Erste Systeme ab 2024
Erste Vorläufer der geplanten Demonstratoren in QSolid werden am Leibniz-IHPT in Jena produziert und bereits für das Jahr 2024 erwartet. Das IHPT verfügt bereits über eine bestehende Fertigungslinie für supraleitende Schaltungen, die im Rahmen des Projekts zu einer Pilotlinie für supraleitende Quantenschaltkreise ausgebaut werden soll.
Wichtige Vorarbeiten zum Erreichen der Projektziele wurden bereits geleistet. Ergebnisse des europäischen Flaggschiffprojekts OpenSuperQ sowie der 2021 gestarteten Verbundprojekte DAQC und GeQcos fließen in die Arbeiten von QSolid ein.
QSolid Steckbrief
Akronym QSolid
Titel Quantencomputer im Festkörper
Laufzeit Januar 2022 – Dezember 2026
Budget 76,3 Mio. € (zu 89,8 % durch das BMBF gefördert)
Koordination Forschungszentrum Jülich GmbH, Prof. Dr. Frank Wilhelm-Mauch
Partner Forschungszentrum Jülich, Fraunhofer IZM und IPMS, Karlsruher Institute of Technology, IPHT, ParityQC, HQS, Rosenberger, Universität Ulm, PTB, Universität Stuttgart, FU Berlin, IQM, Universität Konstanz, Universität zu Köln, Heinrich-Heine Universität Düsseldorf, Supra, ParTec, RI, AdMOS, LPKF, Atotech, Atos, GF, CiS,
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